SZENENPROBEN - HELENA - Der Film - von Eberhard Wagner

 

 

2/48 Wohnung Helena, Wohnraum Samstag Abend, 19.30 Uhr

 

ZIMMERTOTALE Victor steht beim Tisch, Helena hat einige Haare hochgesteckt, als sie nervšs aus dem Bad kommt, gleich wieder verschwindet. Victor geht langsam und selbstbewu§t die WŠnde entlang, betrachtet Bilder, kommt zur BŸcherwand, in die unten die Couch eingebaut ist, auf der noch Bettzeug wirr liegt. Er nimmt aus dem vielen Nippes-Zeug eine Scherztasse in die HŠnde, stellt sie zurŸck, wischt mit dem Finger Ÿber ein Regalbrett - Staub. Er sieht auf die BŸcher. NAH HINTER SEINEM KOPF: Man sieht "Das Kamasutra", "Lady Chatterley", "Wendekreis des Krebses", Buchklubausgaben "Welt von heute". HALBTOTAL. Victor grinst, sieht kurz nach der BadezimmertŸre, bŸckt sich rasch und pre§t die Nase in den Sofabezug, steht gleich wieder auf. Seine Augen werden schmal, er dreht sich um. TOTALE Helena kommt rasch aus dem Bad, holt ein Handtuch vom Schrank.

Victor: "Du wirst sehen, er kommt nicht, der lŠ§t Dich sitzen.

Helena: Das glaub ich nicht.

Victor: Komm, ich mach Dir einen Alternativvorschlag: Wir beide machen uns einen gemŸtlichen Abend, ich lad Dich zum Essen ein. Ich wei§ da ein ganz nettes Restaurant, drau§en, am StruberhŸgel. Mit einem herrlichen Gastgarten, ganz lauschig, und es weht auch immer ein sanfter Wind, soda§ es nicht gar so hei§ ist. Die Wirtsleute kenn ich gut, nette Leute, und haben ein schweres Leben hinter sich. Wenn Du willst, ruf ich gleich an, um einen Tisch zu reservieren, fŸr mich hat er immer was frei.

Helena: (Bestimmt)Danke! Aber ich bin mir sicher, da§ er kommt.

Victor Du siehst ihn ja am Montag wieder, sag, es ist Dir etwas dazwischengekommen ...

Helena Nein ... (richtet sich auf) Ich will nicht. Es ist ein sehr lieber Kollege.

Sie verschwindet wieder im Bad. Er sieht ihr grinsend nach.

 

2/49 Trobeau, Dorfplatz Samstag Abend, 19.30 Uhr

 

WECHSEL VON TOTALE AUF HALBTOTALE Menschenleer. Gelbes Abendlicht. Nur ein Auto, das durchfŠhrt. Ein blauer VW-Passat fŠhrt vor die Tankstelle, die nur aus einer verrosteten ZapfsŠule besteht. Nicht weit davon eine Telefonzelle. Bernhard und der Urlaubsgast steigen aus. Bernhard lŠuft zum heruntergekommenen TankstellenhŠuschen, es ist verschlossen. Er klopft, sieht sich um. Der Urlauber kommt langsam nŠher. Ein alter Mann kommt vorbei, sieht zu, kommt langsam nŠher.

Urlauber: Scheint geschlossen.

Alter Mann: Die haben heut zu, da mŸssenÕs nach BonviŽ fahren.

Bernhard: Kšnnten Sie mich nicht ... ich bezahl ...

Urlauber: Sonst gern, aber ich mu§ wieder zurŸck, meine Frau wartet, ich bin ohnehin schon spŠt. Aber rufen Sie doch ein Taxi, das ist doch auch gleich hier.

Der Urlauber geht wieder zum Auto, steigt ein und fŠhrt in die andere Richtung weiter. Bernhard lŠuft zur Telefonzelle, rei§t die TŸre auf und geht hinein. Schon wŠhrend des Laufens hat er die Brieftasche aus dem Sakko genommen.

 

 

2/50 Wohnung Helena Samstag Abend, 20.00 Uhr

 

TOTALE Helena ist fertig angezogen, frisiert und geschminkt, hat die Schuhe an, und geht nervšs auf und ab, geht zum Fenster, sieht durch die ScheibenvorhŠnge hinunter, geht wieder zurŸck. Die Uhr Ÿber der EingangstŸre zeigt 20.02 Uhr, Helena blickt nervšs hinauf. Victor steht abseits und sieht ihr grinsend zu.

Victor: Du wirst sehen, er kommt nicht.

Helena: Ich bitte Dich, zu gehen, er mu§ jeden Moment kommen. Ich werde sicher nicht mit Dir ausgehen, ich habe ihm mein Wort gegeben, und ich glaube nicht, da§ er mich sitzen lŠ§t.

Victor: Du wirst sehen ... ich hab das im GespŸr.

Helena: Er ist eigentlich immer so pŸnktlich ...

Victor setzt sich auf einen der StŸhle beim E§tisch und sieht ihr zu.

 

2/51 Trobeau, Dorfplatz bei der Telefonzelle Samstag Abend, 20.00 Uhr

 

HALBTOTALE. Bernhard steht vor der Telefonzelle und springt von einem Bein auf das andere. Endlich kommt das Taxi, Bernhard lŠuft ihm entgegen, es hŠlt, er springt hinein. Wechsel auf TOTALE Das Auto wendet und fŠhrt Richtung BonviŽ, man sieht die Kirchturmuhr (grauer Betonkubus): 20.05 Uhr.

 

2/52 Taxi, Innenaufnahme von hinten Samstag Abend

 

Bernhard Um acht hŠtt ich in BonviŽ sein sollen.

Fahrer Das wird sich ja nicht mehr ganz ausgehen. Wo mŸssen sie denn hin?

Bernhard Kaipromenade, dort, wo es zur Dash runtergeht.

Fahrer Bei der Steintreppe, ah.

Sie fahren an der Abzweigung vorbei, man sieht das Schild "Urlaub am Bauernhof", die Schotterstra§e, und den verlassenen Mercedes BernhardÕs. Bernhard sieht auf die Uhr, deutet eine Bewegung an, als wolle er etwas sagen, meint aber dann:

Bernhard: ... das ist jetzt auch schon egal, aber ich verlier sonst noch mehr Zeit.

Sie fahren vorbei. Die Kamera schwenkt nach hinten, behŠlt das Auto im Blickfeld, das kleiner wird.

 

2/53 Taxi-Inneres Samstag Abend

 

Man sieht das Ortsschild "BonviŽ", mŠ§ig dichter Verkehr, Ampeln, immer wieder Behinderungen.

Bernhard Mu§ der jetzt gerade da raus ... warum fŠhrt denn der so blšd ... Auch noch rot! ...

(NAH Blickt auf die Uhr, greift in seine Sakko-Innentasche, nimmt die Brieftasche, sieht nach, wieviel Geld er noch hat, kneift die Augen zusammen, bewegt die Lippen, als zŠhlte er etwas zusammen.) Verdammt, ich mu§ noch Geld holen, das wird nicht reichen, jetzt, wo ich sie auch noch zahlen mu§. Wissen Sie einen Geldautomaten?

Fahrer Da vorne rechts, ist nicht viel Umweg.

Man sieht das Armaturenbrett, das Lenkrad, der Fahrer setzt den Blinker nach rechts, am oberen Bildrand Stra§e, langsamer bis Halt, biegt ab. Die Uhr am Armaturenbrett zeigt 20.30 Uhr.

 

 

2/54 Wohnung Helena, Wohnzimmer Samstag Abend

 

HALBTOTALE E§ecke. Helena geht nervšs auf und ab, geht immer wieder zum Fenster hin, sieht hinaus, dann zum anderen Fenster, sieht hinaus, sieht zur Uhr hin, ganz kurz auf Victor, der noch immer sitzt und wartet. Er nimmt einen Schluck vom Kaffee, beobachtet sie.

Helena Mein Gott, wo bleibt der denn.

Victor Ich habÕs Dir gesagt: Der lŠ§t Dich sitzen, das wŸrde ich mir nicht gefallen lassen. Die Einladung steht nach wie vor!

Helena Das gibtÕs doch nicht ...

Sieht wieder zur Uhr. Man sieht, da§ es 20.35 Uhr ist.

Helena (leise, etwas wŸtend) Ich werd verrŸckt.

Victor sieht ihr lŠchelnd zu. Sie sieht wieder zum Fenster hinaus.

 

2/55 TOTALE Vorplatz vor einer Bank in BonviŽ Samstag Abend

 

Man sieht eine gro§e Uhr: 20.40 Das Taxi hŠlt am Stra§enrand, Bernhard springt heraus, lŠuft zum Geldausgabeautomaten. HALBTOTALE Steckt die Karte hinein, tippt die Zahlen, steigt nervšs von einem Fu§ auf den anderen, rei§t Geld und Karte, als sie herauskommen, aus dem Automaten, steckt es, wŠhrend er zurŸcklŠuft, in die Hosentasche, springt ins Taxi, knallt die TŸre zu, es fŠhrt an.

 

2/56 Wohnung Helena Samstag Abend

 

Helena steht noch immer beim Fenster, schon sichtlich nervšs und immer wŸtender. Man hšrt das Ticken der Uhr. Victor sieht ihr hŠmisch grinsend zu, spielt mit dem Kaffeelšffel. Helena sieht auf die Uhr: 20.50 Sie lŠ§t resigniert wŸtend die Arme fallen.

Helena (zu sich) Das darf doch wirklich nicht wahr sein, so ein Miesling.

Victor Der hat Dich einfach sitzen gelassen.

Helena Also, da§ ist doch wirklich .... wie ein kleines MŠdchen ...

Victor: Das la§ ich mir doch nicht gefallen.

Helena So ein Kerl, also das hŠtte ich doch wirklich nicht ...

Victor: Komm, fahren wir, man mu§ es so nehmen, das hat sich so gefŸgt. Ich halt davon was.

Helena: Also dem erzŠhl ich was: Das macht er mir nicht wieder, ich bin doch kein LausmŠdchen.

Victor: Das hast Du doch nicht nštig, bitte, sieh Dich doch an: Du bist doch nicht auf so jemanden angewiesen ... ich meine ... so wie Du aussiehst ... Du kannst Dir doch das wirklich aussuchen. Bist doch keine Bittstellerin!

Helena (schnaubt) Du hast recht, das habe ich wirklich nicht nštig.

Sie sieht einmal noch zum Fenster, schwankt in ihrem Entschlu§ kurz noch, nimmt dann ihre Handtasche auf, lŠchelt Victor herausfordernd an, Victor steht rasch auf und šffnet ihr die WohnungstŸre, sie gehen hinaus.

 

2/58 Auto-Inneres, Victor, schwarzer Golf Samstag Abend

 

Man sieht Victor und Helena von hinten, sitzend. Victor lŠ§t den Motor an, blinkt links, um auszuscheren. Im RŸckspiegel sieht man rasch ein Taxi nŠhern, Victor wartet ab, man sieht seine Augen im RŸckspiegel, das Taxi blinkt rechts, hŠlt in etwas zehn Metern Entfernung, worauf Victor ausschert und abfŠhrt.

 

2/58 Taxi-Inneres Samstag Abend, DŠmmerung

 

Bernhard ruckt nervšs auf seinem Sitz, sie kommen zu HelenaÕs Wohnhaus, links die Dash, Verkehr. Der Taxifahrer hŠlt, vor ihm blinkt ein schwarzer Golf in seiner ParklŸcke, der in diesem Moment auch ausschert und abfŠhrt. Bernhard hat einen Geldschein aus seiner Hosentasche gefischt und hŠlt ihn bereit, drŸckt ihn, als das Taxi hŠlt, dem Fahrer in die Hand, springt aus dem Taxi. Man sieht, wie er auf die Au§entreppe zur Haus-EingangstŸre losstŸrmt.

Bernhard Danke. Stimmt schon.

 

2/59 Wohnhaus Helena, Innen, Flur Samstag Abend, kein Licht im Haus

 

Man sieht von der Fluretage die Treppen hinunter, hšrt Schritte, sieht dann Bernhard, der heraufgestŸrmt kommt. Er nimmt mehrere Stufen auf einmal, schwitzt betrŠchtlich, bleibt am Treppenabsatz kurz stehen, geht rasch nach links zur WohnungstŸre HelenaÕs. LŠutet erst kurz, wartet, lŠutet lŠnger, wartet, klopft, wartet, Ÿberlegt kurz, dreht um, lŠuft zur Stiege und die Treppen hinunter, bis er verschwindet.

2/60 Wohnhaus Helena, Au§en Samstag Abend, DŠmmerung

 

HALBTOTALE Man sieht den Aufgang zur Treppe. Die HaustŸre wird aufgerissen, Bernhard stŸrmt heraus, die Stufen hinunter, sieht kurz links, dann rechts, stŸrmt nach links davon, biegt die nŠchste Querstra§e ein. (10")

 

2/61 Seitenstra§e BonviŽ, Telefonzelle Samstag Abend, DŠmmerung

 

HALBTOTALE Bernhard lŠuft schnaufend heran, will erst die TŸre der (Šlteren) Telefonzelle nach innen drŸcken, rei§t sie dann nach au§en auf, sie bleibt offen (Kamera N€HER), sucht hastig in seiner Tasche nach MŸnzen, auf seiner Hand liegen dann zwei, er hebt an und wirft eine MŸnze ein, sucht in der anderen Tasche nach einem Zettel, hŠlt ihn vor sich und wŠhlt eine Nummer.

Bernhard Hallo? Ja, hier ist Bernhard Ziegelbauer, ich habe ... hallo ... (drŸckt die Sprechtaste) ja, Ziegelbauer, kann ich bitte den Wirt sprechen?

(Stimme) Ich mu§ ihn erst holen, einen Moment.

Bernhard Danke.

Er wartet mit dem Hšrer in der Hand.

 

2/62 Gasthaus in BonviŽ, Au§en Samstag Abend, einfallende Dunkelheit

 

Von TOTALE zu HALBTOTALE Ein Eingang zu einem schšnen, von hohen, alten Kastanien bestandenen Gastgarten, umgeben von einer hohen Hecke. Victor kommt mit der unter seinem Arm eingehakten Helena, mit der er spricht, herein. Alle Tische sind besetzt, auf ihnen Kerzen, Lampions zwischen den BŠumen, bunte GlŸhbirnen, gedŠmpftes Stimmengewirr. Der Wirt, ein kleiner, rundlicher Herr mit gemŸtlichem Gesicht, kommt ihnen entgegen, hat ein Tablett mit zwei GlŠsern Bier in der Hand, kennt Victor sichtlich und stellt zur BegrŸ§ung mit einer kleinen Entschuldigung das Tablett auf den nŠchsten Tisch ab.

Wirt (leise) Entschuldigung. (aufgerŠumt) Ja, Herr Dšrrich!

Victor Einen wunderschšnen guten Abend, wie gehtÕs?

Wirt Alles bestens, alles bestens, und Ihnen

Victor Alles wunderbar. Herr Bacher, ich bin heute in sehr charmanter Begleitung, und hŠtte sie um ein wirklich lauschiges PlŠtzchen gebeten.

Wirt Mein Gott, Herr Dšrrich, wir sind bis auf den letzten Platz ausgebucht, wie sie sehen, bei dem ...

(Eine Kellnerin, schwarzer Rock, wei§e Bluse und ServierschŸrze, kommt von hinten und geht auf sie zu.)

Kellnerin Herr Bacher, Telefon!

Wirt Entschuldigen sie, einen Moment. (Zur Kellnerin) Geh, auf Tisch 14. (Die Kellnerin nimmt das Tablett auf und trŠgt es weg. Der Wirt geht rasch durch den Kies, mit dem der Gastgarten belegt ist, zum Haus.)

 

2/63 Telefonzelle Seitenstra§e BonviŽ Samstag Abend, einfallende Dunkelheit

 

NAHE Bernhard wirft seine zweite MŸnze ein, endlich meldet sich der Wirt in der Leitung.

Bernhard Ziegelbauer, guten Abend. Herr Bacher, ist zufŠllig bei Ihnen ein einzelne Dame, braunes, schulterlanges Haar, mittelgro§?

(Stimme Wirt) Nein, nicht da§ ich wŸ§te.

Bernhard schnauft enttŠuscht.

(Stimme Wirt) Herr Ziegelbauer?

Bernhard Ja?

(Stimme Wirt) Ihr Tisch ... brauchen Sie den noch?

Bernhard (Stimme geht im Signalton, der das Ende der Telefonzeit anzeigt, unter) Nein, ich brauche ihn nicht mehr. (Aus)

Er legt auf, (Kamera auf HALBTOTALE) geht langsam und enttŠuscht von der Telefonzelle weg, zurŸck Richtung Dash. TOTALE

 

2/64 Gastgarten au§en Samstag Abend, Dunkelheit

 

HALBTOTALE Stimmengewirr, gedŠmpft. Victor und Helena stehen, sie noch immer bei ihm eingehakt, unterhalten sich gedŠmpft, sie lacht, er sichtlich charmant. Der Wirt kommt dazu. (Kamera nŠher)

Wirt Herr Dšrrich, das ist ja ein Zufall: Soeben ist mir mein bester Tisch freigeworden, da hinten, bitte, wenn sie mitkommen.

Sie gehen mit dem Wirt zu dem Platz im rŸckwŠrtigen Teil des Gastgartens, der mit Hecken umgeben ist, und so nicht von au§en eingesehen werden kann. Am Tisch, der sehr festlich gedeckt ist, steht eine gro§e, leere Blumenvase. Der Wirt geht, Victor rŸckt Helena burlesk-galant den Stuhl zurecht, setzt sich ihr gegenŸber. Helena steckt mit ihrem Feuerzeug die Kerzen an. Die Kellnerin kommt, reicht Victor und Helena die Speisekarte, nimmt die leere Vase weg.

 
 
     
johannes
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ambrosius
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EBERHARD
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