Zur
Entstehung |
Eine
JugendsŸnde? Vielleicht auch, aus heutiger Sicht
zumindest.
Wirklich?
Als ich die letzten paar male wŠhrend des JŠnner 2007
in Wiener Theatern war - von Zeit zu Zeit besuche ich innerhalb
weniger Wochen viele Theaterproduktionen, schaue mir dabei genau
an, was "die Konkurrenz" tut, leider meist mit dem immer
selben Ergebnis tiefer Frustration und Verzweiflung - kam es mir
nŠmlich nicht so vor. Das ist doch dasselbe, wie ich damals
machte? Und so habe ich mich entschlossen, dieses StŸck
wieder auszugraben und auszustellen.
Ich mu§ es erst
einmal nŠher analysieren, dazu habe ich derzeit leider zuwenig
Zeit, es soll aber auf alle FŠlle geschehen. Denn: Was ich damals,
vor mittlerweile 25 Jahren, als StŸck sah und
innerhalb weniger Tage und NŠchte schrieb, hat mich deshalb Ÿberrascht,
weil es mit derzeitigen Theaterkonzeptionen offenbar locker mithalten
kann. Ich habe nŠmlich die Theater mit KopfschŸtteln verlassen:
Was ich hier sah, all diese AnsŠtze des Aktualismus und Subjektivismus,
das habe ich damals schon gemacht.
Und mich mittlerweile davon abgewandt - weil Ÿberwunden.
Ein StŸck in reinstem expressionistischem Subjektivismus
geschrieben, mit allen HintertŸrchen, die ich so gut selber kenne.
Man wird glaube ich staunen, sollte es einmal zur AuffŸhrung kommen.
Ich gebe es
zu: Ein wenig mšchte ich damit jenen den Wind ein wenig aus den
Segeln nehmen, die mir in Unkenntnis oder Mi§gunst vorwerfen,
ich sei zu konservativ, zu angstvoll an Herkšmmliches geklammert.
Die haben nichts verstanden. Vielmehr rufe ich ihnen zu: So dumm
wie ihr heute seid, war ich auch einmal ... Ich bin Ÿberzeugt,
da§ "Das Tribunal" heute "Furore" machen wŸrde,
und mir fielen sofort Regisseure ein, die es wohl mit Begeisterung
zur AuffŸhrung brŠchten. Sofern sie sich Ÿberhaupt noch an StŸcktexte
halten, weil sie alles besser wissen. Was ich wie leicht zu erkennen
ist mit Ironie und lngst auch mit leichter Bitterkeit sage.
Aber ich will
Sie hier keinesfalls frotzeln. Wenn ich dieses
StŸck aus 1982/83 ausstelle, so dann und in einer Fassung, die
zumindest eine pure Intention zum Ausdruck zu bringen in der Lage
ist. Um das verantwortbar zu tun mu§ (und mšchte) ich mich noch
eingehend mit diesem Text, an den ich nur Erinnerungen habe, die
aber tŠuschen kšnnen, die mir in abgenudelten 40 Seiten, eng mit
meiner alten Olivetti-Lettera beschrieben, vorliegt, erst wieder
eingehend befassen. Das habe ich festgestellt, als ich es Ÿberblicksartig
unlŠngst las.
Geschrieben
habe ich es, um zum in Amstettner Zeitungen kurz etwa im Feber
1983 veršffentlichen Aufruf zu einem Treffen aller Amstettner
mit Literaturambitionen, um zu Ÿberlegen, ob und wie man etwas
unternehmen kšnne um gemeinsam AktivitŠten zu setzen. Dieser Aufruf
kam von Dr. Wolfgang Becvar (mittlerweile "Bestsellerautor"
von BŸchern Ÿber Homšopathie bei Tieren - seine Literatur, die
es bis zu einer Theaterproduktion im damals noch jungen THEATER
CENTER FORUM brachte, aber klglich durchfiel, trotz ORF-PrŠsenz
bei der urauffŸhrung, hat er nicht ganz zu unrecht an den Nagel
gehŠngt, eine Geschichte, die ich noch erzŠhlen werde, weil sie
viel darstellt. Wolfgang ... mit dem ich mich dann gut befreundete.
Ehe er in der Sahara seine Berufung zum Schamanen fand. Und mittlerweile,
wie ich im Internet feststellte, Energien ferner Sterne "channelt".
Ich wollte zu
diesem ersten Treffen, wo jeder um sich vorzustellen erst einmal
etwas von sich vorzulesen hatte, nicht nur mit Fragmenten kommen,
sondern etwas Fertiges prŠsentieren. Mich als Dichter, als vielschichtiger
KŸnstler, als der ich mich fŸhlte (und noch mehr gerierte),
prŠsentieren. Also habe ich mich hingesetzt ... und AnlŠsse sind
kein Grund, das deswegen Entstandene zu verwerfen. Es gŠbe nicht
einmal die "€nŠis", den Maecenas zur politischen Absicherung
des Augustus durch Mythologie einen gewissen "Vergil"
zu schreiben nštigte, sonst hŠtte er ihn nicht mehr unterstŸtzt.
Wettbewerbe sind Ÿberhaupt etwas Gro§artiges fŸr KŸnstler. Auch
ich habe viel nur unter Termindruck fertiggestellt.
Der frŸhere
und legendŠre Direktor des Residenz-Verlages, Wolfgang
Schaffler, den ich 1982 kennenlernte
(wir hatten ein nettes GesprŠch in seinem BŸro in Salzburg, er
mochte mich sichtlich), hat einmal erzŠhlt, da§ H. C. Artmann
kaum etwas schriebe, wenn er ihn nicht dazu zwŠnge. Er sperre
ihn dazu in sein Gartenhaus, seine, Schaffler's Frau versorge
ihn dort mit Essen, Alkohol, Zigaretten, und dann lasse er ihn
erst wieder "frei", wenn das nŠchste Buch fertiggestellt
sei. So kam mir der Anla§ damals auch sehr entgegen, denn ich
wurde zuvor mit lŠngeren Formen einfach nie fertig, der Mut dazu
verlie§ mich immer wieder, soda§ ich aufgab. Leider wie ich heute
manchmal feststelle. Als ich 1987 wieder an den Schreibtisch zurŸckkehrte
war das, was ich seinerzeit gechrieben hatte, nŠmlich Ma§stab:
Ich begann zu schreiben um zu sehen, ob ich - ehe ich an "Besseres"
denken konnte, die damalige QualitŠt Ÿberhaupt wieder erreichen
wŸrde. Und es dauerte lŠngere Zeit, bis es zwar anders, aber vergleichbar
mšglich war. Die Schriften aus dieser ersten kŸnstlerischen Schaffensperiode
meines Lebens, die dann ja fŸr lange Jahre unterbrochen wurde,
sind nicht wiederholbar. Keine Schrift ist genau so wiederholbar,
wie ich heute wei§. Und: ich fŸhle mich alt genug, und mein Leben
war intensiv genug, so lŠcherlich ich so Vieles daran finde, um
auch RŸckschau zu halten. Aber wenn es fŸr mein Schreiben ein
Langzeitbild gab, das ich als "letzte Periode meines lebens"
vor mir sah, so sah ich mich auf einem Schiff, umgeben von meinen
BŸchern, meinen Aufzeichnungen, mit ein paar wenigen Lieben um
mich, und 20 oder 25 Jahre nur aufarbeiten, was bisher geschah.
Hat das nicht auch ein gewisser Proust so gemacht?
Der Versammlungsraum
im altehrwŸrdigen Amstettner Hotel Hoffmann, das mittlerweile
zu einem "Business-Center" verkommen ist, war voll!
Die meisten waren wohl Kibitze, aber immerhin waren auch einige
darunter, die mit eigenen Texten aufwarteten. Und ich habe meinen
Prolog gelesen. Offenbar unter Hinterlassung eines gro§en Eindrucks.
Vielleicht weniger des Inhalts meines Textes als meiner ambitionierten
Art wegen, ihn vorzutragen. "... Burgtheater ..." etc.
schwirrte durch den Raum.
Wir trafen uns
dann Ÿber fast zwei Jahre regelmЧig, grŸndeten eine Literaten-
und KŸnstlergruppe, der wir den Namen "Widderhaken"
gaben und der von der Stadtgemeinde Amstetten sogar das Schlo§
Edla fŸr die Treffen zur VerfŸgung gestellt wurde. Wir veranstalteten
fast zwei Jahre lang - vor allem im Raume Wald- und Mostviertel
- regelmЧig Lesungen, Kulturtage etc., die auch erstaunlich gut
besucht waren. Ich erinnere mich z. B. an eine Lesung im Raiffeisensaal
in Amstetten, wo an die 200 Leute gekommen waren, um neben den
EichkŠtzchengedichten von Hans Stern, den Sukkulenten-SpЧchen
von Wolfang Becvar und Mundartgedichten dieser Gerda auch meine
sehr expressiven, exzentrischen Lautmalereien anzuhšren! Ich erhielt
dann sogar kleine Fšrderungen vom Land N…, und mein "Gipfel"
war sicher die Einladung von Jšrg Mauthe auf
seine Burg im Waldviertel, an der damals sichtlich noch viel zu
renovieren war. Er veranstaltete regelmЧig Hauslesungen, nicht
nur mit geladenem Publikum, wo ich ebenfalls eine meiner Performances
zeigte. Ich wei§ noch, da§ ich gleich nach einem gewissen
Josef Hader dran war, der ja zum erweiteren Bekanntenkreis
unserer Gruppe zŠhlte. Und mit dem wir uns zuweilen trafen oder
NŠchte durchbrachten. Er gefiel mir, war sehr witzig. Hšchstens
ein wenig konventionell. So dachte ich damals.
Au§erdem teilten wir unsere Leidenschaft fŸr Konstantin Wecker
und seinem "Gestern haben's den Willi erschlagen"-Gestus,
den Hader gerne auch zelerierte.
Wir waren schon
ein buntes Sammelsurium aller mšglichen Richtungen und Typen.
Von der bŠuerlichen Mundartdichterin bis zu wirklich ernsthaften
Talenten, die mir teilweise deutlich voraus waren. Ja einem -
der wŸrde mir dieses Urteil wahrscheinlich nicht glauben, er mochte
mich nicht, was auf Gegenseitigkeit beruhte, was meiner WertschŠtzung
fŸr sein Talent aber keinen Abbruch tat - wŸrde ich auch heute
noch deutlich mehr Talent als mir zusprechen. Seine Gedichte waren
sprachlich au§erordentlich ausgereift. Von ihm aber wie von allen
anderen habe ich dann nie mehr etwas was die Literatur anbelangt
gehšrt. Nur einmal sah ich Besagten, in Amstetten, und er wirkte
wie ehedem - unglŸcklich. Ich sprach ihn nicht an.
Oder wir trafen
uns am Bauernhof eines Mitgliederpaares, das in der NŠhe von Waldhausen
- St. Oswald Schafe zŸchteten. Er war Musiker, sie (sehr
begabte!) Malerin, mit der ich vor Jahren wieder engeren Kontakt
pflegte. Bis sie sich abwandte, ich sei ihr doch nicht ganz koscher,
unsere Lebensanschauungen wŸrden zu sehr differieren. Oder im
Haus von Dr. Wolfgang Becvar, der Tierarzt von St. Oswald gewesen
war, aber vor allem unter den Anfeuerungen seiner damaligen Frau
von einem Haus trŠumte, wo sich die kŸnstlerische Prominenz die
Klinke in die Hand gab.
Bis sich alles,
wirklich alles in Luft auflšste. Und es blieb kaum mehr als ein
alter Leitz-Ordner mit de Aufschrift "Widderhaken".
In dem ich noch Programmzettel, Zeitungsausschnitte
etc. aus dieser Zeit aufhebe, denn die Pressearbeit fŸr die Gruppe
habe ich gemacht - und hšchst erfolgreich. Und natŸrlich gibt
es noch meine TagebŸchern, die aber kaum mehr als Zeugnis der
damaligen inneren ZustŠnde sind, in denen ich zuweilen nachlese
um mich Ÿber ErinnerungslŸcken zu vergewissern, ein paar Mappen
Schriften. Gedichte, ErzŠhlungen, Romananfragmente, und eben dieses
StŸck. Um einen kleinen Eindruck von meinen damaligen AktivitŠten
zu geben mache ich auch die Ergebnisse
von Photo-Sessions zugŠngig, die mehrere Photographen mit
mir angefertigt hatten. Und deren nicht veršffentlichter Teil
vor allem Furore machte. Nicht nur in Amstetten - dort aber grŸndlich.
Denn als einer davon in Amstetten das Ergebnis anlЧlich einer
wochenlangen Ausstellung prŠsentierte, war der Skandal fŸr diese
Provinzstadt perfekt. Aber der Nimbus des "Skandalmodels"
pa§te damals ohnehin zum Ruf des au§ergewšhnlichen und "kŸnstlerisch-genialen"
Exzentrikers, den ich auch deshalb, weil er mit oft unverhohlener
Bewunderung seitens des weiblichen Geschlechts begleitet war,
auch manchmal sehr geno§. Ohne zu sagen, da§ die Zeit nicht sehr
echt war. Das war sie, ich entnehme es nicht nur den schriftlichen
Aufzeichnungen.
Heute wei§ wohl
kaum noch einer davon. Schon gar waren die einen všllig Ÿberrascht,
wie mein Leben dann fortschritt, manche blieben auch immer und
wohl zurecht skeptisch angesichts meiner "bŸrgerlichen Erfolge."
Und zum anderen habe ich den jeweiligen neuen Umgebungen nie aus
diesen Zeiten erzŠhlt. Meine Lebensentscheidungen waren meist
sehr radikal. Und niemand schien sich zu wundern, da§ ich "ohne
Vergangenheit" existierte. Niemand aber schien sich auch
je dafŸr zu interessieren, was mir erst allmŠhlich zum Problem
wurde. Denn man fŠllte spŠter viele Urteile Ÿber mich, die meisten
všllig unzutreffend, auch wenn ich gar nicht anders kann als sie
alle grŸndlichst zu prŸfen und zu sehen, wo sie stimmen (kšnnten).
Vor einem halben
Jahr etwa, da habe ich in einem winzigen Filmchen gespielt. Ich
tat demjenigen einen Gefallen, mehr war es nicht. Au§er da§ ich
den dafŸr gespielten "Typ", den ich sonst nicht auf
Zelluloid (ein Begriff, den ich hier nur metahporisch verwende,
denn gefilmt wird ja meist schon digital) vorzuweisen hatte, in
mein aktuelles Demo-Video in einer Sekundensequenz aufnahm, einfach
um ihn zu zeigen. Der junge Regisseur wollte sich dann mit mir
treffen, um mir ein Exemplar seines Produkts zu Ÿberreichen, und
wir trafen uns auch in einem CafŽ. Wir plauderten wirklich nett
und lange, und siehe da: Da stellte sich heraus, da§ er einer
der Sšhne eines der Mitglieder dieser damaligen Literatengruppe
ist. An die er sich vom Vater her sogar ganz dunkel noch erinnern
konnte. Er war ja noch ein kleiner Bub damals gewesen.
Das alles geschah,
ehe ich mich nach einem au§ergewšhnlichen nŠchtlichen Erlebnis
in einer všlligen Kehrtwendung ... dem nŸtzlichen, Gott und (vor
allem!) den Menschen gefŠlligen Leben wieder zuwandte und alles,
wirklich alles von mir warf in der Meinung, das gienge einfacher
als mich dieser stŠndigen Existenzangst, ja der Angst vor dem
Nichts auszusetzen - und "Das Tribunal" handelt
eigentlich von dieser Thematik der Schuldigkeit, die man aufgrund
internalisierter fremder, aber unzutreffender Ma§stŠbe fŸhlt,
wenn man einen Weg geht, der von sonst noch niemandem beschritten
worden ist. Etwas, das ja jedem Menschen nicht ganz fern sein
ist?
Mehr
zum StŸck aber (wie ich auch bei den anderen DatenblŠttern schreibe)
in KŸrze!
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